Thurgauer Wolf: Bedingungen für Abschuss nicht erfüllt

Medienkommentar 06. April 2024

 

Im Kanton Thurgau ist ein Wolf aufgetaucht. Überrascht nimmt die Gruppe Wolf Schweiz (GWS) zur Kenntnis, dass der Kanton Thurgau in seiner Medienmitteilung schreibt, dass „die rechtlichen Veraussetzungen erfüllt sind“, um einen Abschuss zu prüfen. Es steht dem Kanton natürlich jederzeit frei, einen Abschuss zu prüfen. Aber um einen Abschuss zu erteilen, sind die Bedingungen nicht erfüllt.

 

Das gültige eidgenössische Jagdrecht, bestehend aus Gesetz (JSG), Verordnung (JSV) und Wolfskonzept, regelt, unter welchen Bedingungen einzelne Wölfe von den Kantonen abgeschossen werden können. Im Gesetz ist festgehalten, dass für einen Abschuss ein erheblicher Schaden vorliegen muss (Art. 12 JSG). Die Verordnung legt die Definition der Erheblichkeit mit einer Schadenschwelle fest (Art. 9bis JSV). Die Verordnung macht jedoch zugleich auch eine wesentliche Einschränkung, welche Risse an die Schadenschwelle angerechnet werden können: „Bei der Beurteilung des Schadens (...) unberücksichtigt bleiben Nutztiere, die in einem Gebiet getötet werden, in dem trotz Schäden, die mehr als vier Monate zurückliegen, keine zumutbaren Schutzmassnahmen ergriffen worden sind.“

 

Die Schadenschwelle für einen Abschuss ist im Kanton Thurgau numerisch zwar erfüllt, aber die einschränkende Bestimmung bezüglich den erforderlichen zumutbaren Schutzmassnahmen scheint der Kanton Thurgau nicht zu beachten, wenn man den Wortlaut der Mitteilung betrachtet. Denn die zuständige kantonale Amtsstelle äusserte gegenüber den Medien klar, dass die zumutbaren Schutzmassnahmen nicht ergriffen worden sind. Dass für Neuweltkameliden (Alpakas) zumutbare Schutzmassnahmen bestehen und ergriffen werden müssen, hält die Verordnung ausdrücklich fest (Art. 10quinquies JSV). Dass sich die Region, in der die Risse aufgetreten sind, in einem Gebiet befindet, in dem es früher bereits Schäden durch Wölfe gegeben hat, hält seinerseits das Wolfskonzept auf der entsprechenden Karte fest (Anhang 3).

 

Damit ist ein bundesrechtskonformer Abschuss des Thurgauer Wolfes aktuell nicht möglich. Der Herdenschutz ist unumgänglich. 

 

Kontakt: 

David Gerke, Geschäftsführer Gruppe Wolf Schweiz, david.gerke@gruppe-wolf.ch, 079 305 46 57

 

 

Hintergrund: Herdenschutz im Mittelland

Das Mittelland bietet hervorragende Voraussetzungen für den Herdenschutz. Dies ist hier leichter umzusetzen als im Berggebiet. Elektrische Zäune, bevorzugt als mobile Weidezäune, können überall angewendet werden: Die Topographie ermöglicht überall eine Zäunung, es gibt keine zu steile Flächen. Lockere, tiefgründige Böden erlauben eine gute Befestigung der Zaunpfähle und sind auch geeignet für eine ausreichende Erdung. Die meisten Weiden können direkt mit dem Transportfahrzeug angefahren werden oder befinden sich lediglich wenige Minuten von der Zufahrt entfernt, d.h. der Transport des Zaunmaterials ist problemlos möglich. Oft steht Netzstrom zur Verfügung, namentlich im Umkreis von Höfen und Ställen, so dass die ausreichende Elektrifizierung gewährleistet ist. Im Mittelland können somit Nutztiere überall mit guten, ausreichend hohen und elektrifizierten Zäunen vor Wolfsangriffen geschützt werden, gerade auch von Hobbytierhaltern. Zum Herdenschutz im Mittelland gibt es einen Handlungsleitfaden der Gruppe Wolf Schweiz: Herdenschutz im Mittelland


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