Pflichten

Jagdrechtlich besteht in der Schweiz keine Pflicht, die vom Bund anerkannten Massnahmen zum Herdenschutz zu ergreifen. Der Schutz von Nutztieren vor Angriffen durch Grossraubtiere gebietet sich aber u.a. aus moralischen Gründen. Herdenschutzmassnahmen zu ergreifen, basiert jagdrechtlich damit auf dem Prinzip der Freiwilligkeit. Risse, die an ungeschützten Nutztieren aufgetreten sind, können jedoch für Abschussbewilligungen für Grossraubtiere nicht angerechnet werden. Eine Ausnahme davon besteht nur, wenn keine Massnahmen als zumutbar gelten oder wenn es sich um das erste Jahr einer Wolfspräsenz handelt. Für die Entschädigung von Rissen ist der Herdenschutz ebenfalls keine Voraussetzung (kantonale Abweichungen sind zulässig). 

 

Pflichten im Tierschutzgesetz

Das Tierschutzgesetz verpflichtet Tierhalter dazu, für das Wohlergehen und die Pflege ihrer Tiere zu sorgen (Art. 4 TSchG, Art. 3 und 5 TSchV). Dies umfasst die Pflichten, Tiere vor bekannten Gefahren zu schützen und vorhersehbare Verletzungen zu vermeiden. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Präsenz von Grossraubtieren eine bekannte Gefahr darstellt und ohne Massnahmen Verletzungen vorhersehbar sind. Damit stehen Tierhalter tierschutzrechtlich in der Pflicht, Massnahmen zum Schutz vor Angriffen zu ergreifen. Welche Massnahmen dies sind, ist allerdings nicht definiert. Es gibt daher keine Pflicht, eigentliche Herdenschutzmassnahmen zu ergreifen, da es auch andere Massnahmen sein könnten (z.B. Einstallung, Weidewechsel, Verzicht auf Sömmerung, etc.). 

 

Einer vertieften Betrachtung bedarf die Thematik der Abkalbungen auf der Alp. Wölfe reissen nur Ausnahmefällen rinderartige Tiere, aber insbesondere frisch geborene Kälber unterliegen einer gewissen Gefährdung, wenn sie nicht durch geeignete Elektrozäune oder durch ihre Mütter geschützt werden. Die lautstarke Instrumentalisierung von angeblich gerissenen Kälbern auf Bündner Alpen im Sommer 2020 (die sich mit einer Ausnahme als Totgeburten, die nachträglich von Wölfen angefressen wurden, herausstellten) hat darauf aufmerksam gemacht, dass offenbar systematisch unkontrollierte Abkalbungen auf Alpen zugelassen werden. Diese Praxis ist in verschiedener Hinsicht problematisch und wohl illegal. Freie, unkontrollierte Abkalbungen gehen mit verschiedenen Gefahren für die Kälber und auch die Mutterkühe einher, u.a. weil bei Geburtsproblemen nicht interveniert werden kann und weil Kälber verschiedenen Gefahren ausgesetzt sind (steiles Gelände, Wetterextreme, usw.). Weil solche Abkalbungen auf der Alp und die damit einhergehenden Gefahren vermeidbar sind, sind sie nach Art. 5 TSchV illegal. Darüber hinaus verstösst sie wohl auch gegen Art. 129 der Tierseuchengesetzgebung, wonach Aborte festgestellt, gemeldet und zwingend untersucht werden müssen. Ferner widerspricht sie auch gewissen kantonalen Weisungen, z.B. den Bündner Alpfahrtsvorschriften, wonach Abkalbungen kontrolliert sein müssen. 

 

Das Tierschutzgesetz regelt die Pflichten des Menschen beim Umgang mit Tieren und regelt die zulässigen und verbotenen Handlungen. Das Tierschutzgesetz regelt nicht das Verhalten von Tieren untereinander. Deshalb ist es nicht tierschutzwidrig, wenn ein Grossraubtier ein Tier reisst, ebenso wenig wie es tierschutzwidrig ist, wenn eine Katze eine Maus frisst. Da Nutztiere Halter haben, gibt es für diese aber eben u.a. die Pflicht, vorhersehbare Verletzungen ihrer Tiere zu vermeiden. 

Wolf

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